Anfang Februar macht sich in unseren Breiten am Niederrhein so langsam der Winterblues bemerkbar. Man hat genug von grau in grau, die ersten Samentütchen werden gesichtet und vielleicht strecken auch schon die ersten Schneeglöckchen, Winterlinge und das Scharbockskraut ihre Köpfe aus der kalten, feuchten Erde. Der Vorfrühling bringt uns Stück für Stück das Licht zurück, die Amphibien beginnen ihre Wanderung und an vielen Bäumen und Sträuchern schwellen die bereits im vergangenen Herbst angelegten Knospen an, bereit, sich in neue Blätter und Blüten zu verwandeln.
Der Überlieferung nach muss nun die Cailleach, die alte Greise des Winters, deren eisiger Atem das Land bedeckt hat, der jungfräulichen, weiß gekleideten Brighid Platz machen, die über das Land zieht und sanft die Natur aus dem Winterschlaf weckt, indem sie die Obstbäume schüttelt. Ihrer gedenkt man an Maria Lichtmess Anfang Februar, wo Kerzen geweiht werden. Wo ihr weisses Kleid über den Boden streicht, wachsen die Schneeglöckchen und Krokusse, ihr warmer Atem lässt die Knospen an den Bäumen und Sträuchern anschwellen.
In eben diesen Knospen, umhüllt von einer schützenden Schicht aus natürlichem ,,Frostschutzmittel“ finden sich wertvolle Inhaltsstoffe für unsere Gesundheit. Da die jungen Knospen noch ihr Empryonalgewebe besitzen, teilen sich die Zellen besonders schnell und wirken auch besonders intensiv. Der beste Zeitpunkt zum sammeln der Knospen ist das zeitige Frühjahr. Bei Spaziergängen lohnt sich die Beobachtung der Knospen, um feststellen zu können, wann genau der richtige Zeitpunkt für die Ernte gekommen ist. Die Knospen sollten noch geschlossen sein, aber ein Zipfelchen Grün darf gern schon herausschauen.
Der Baum oder Strauch sollte genau bekannt sein. Im Winter, wenn alles kahl ist, kann es für Anfänger schwierig sein, den Baum oder Strauch genau zu bestimmen. Botanische Merkmale wie Blätter und Blüte sind nicht erkennbar, uns bleiben nur Rinde und Knospenaufbau zur genauen Bestimmung. Es lohnt sich also, schon frühzeitig im Jahreslauf die Pflanzen zu beobachten und kennen zu lernen oder eine Kräuterwanderung mitzumachen, wo das bestimmen nach Knospen und Rinden Stück für Stück erklärt wird.
Präparate aus Knospen nennt man Gemmopräparate von lat. Gemma = Knospe/Auge. Dieser noch recht junge Zweig der Phytotherapie existiert seit den 50iger Jahren, ihr Begründer ist der belgische Arzt Pol Henry. Alkohol, Glycerin und Wasser werden als Auszugsmittel verwendet. Man nutzt sowohl Blatt- als auch Blütenknospen (mit wenigen Ausnahmen), sowie junge Triebe. Gemmopräparate sprüht man in den Mund, so können die Inhaltsstoffe von der Mundschleimhaut aufgenommen und im Körper verteilt werden. Es folgt ein Rezept für ein Hainbuchenpräparat.
Benötigt werden: 1 Schraubglas/Einmachglas 100ml, ca. 3 Gramm gesammelte Knospen der Hainbuche, Doppelkorn 38%, pflanzliches Bio Glycerin (in Apotheken erhältlich) und destilliertes Wasser (z.B. aus dem Drogeriemarkt), Braunglasfläschchen mit Zerstäuberkappe (Apotheke, Spinnrad), Kaffeefilter, Messbecher.
Die Knospen werden mit einem Messer oder einer Gemüsewippe zerkleinert, ins Glas gefüllt und zu gleichen Teilen mit Alkohol, Glycerin und destilliertem Wasser aufgefüllt. Die Auszugszeit sollte mindestens 2 Wochen betragen und das Präparat sollte täglich geschüttelt werden. Gern kann man es auch bis zu 4 Wochen ziehen lassen. Danach wird der Auszug durch einen Kaffeefilter abgeseiht und in eine dunkle Flasche mit Zerstäuber abgefüllt. Dieses Mittel hält bis zu 2 Jahre.
Erwachsene können täglich 3 Sprühstöße nehmen, Kinder ab 6 Jahren bis zu 2 Sprühstöße täglich. Der Alkoholgehalt entspricht bei dieser Dosierung in etwa dem einer reifen Banane. Die Hainbuchenknospen sind wohltuend bei Problemen mit den Atemwegen und können bei Reizhusten gut unterstützen. Sollten Sie oder Ihr Kind gesundheitliche Probleme haben, ist vorher die Absprache mit dem Arzt zu empfehlen.
Das Sammeln sollte stets mit Blick auf Naturschutz, Gesetzgebung und Nachhaltigkeit erfolgen. Das Sammeln in Naturschutzgebieten ist untersagt, in Landschaftsschutzgebieten gilt die sog. Sträuschenregel, die Menge, die zwischen Daumen und Zeigefinger passt, darf gesammelt werden, auf Privatbesitz muss die Genehmigung des Besitzers eingeholt werden.
Alle Angaben dienen nur der Information.
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